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Olympus µ[mjuː]-1: Meine neue (alte) Fotokamera

Oder: Warum ich jetzt ganz positiv auf Negative blicke

1-Klick-Meinungsmache

Extra für Kommentarfaule: Mit Emojis euren Senf zum Thema dazugeben.

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Meine Freundin Natalie hat mir zum Geburtstag (vor mittlerweile nun fast einem halben Jahr) ein kleines Stück Kindheit geschenkt: Einen alten analogen Fotoapparat.

Aber nicht nur irgendeinen, sondern genau das Modell, was nicht nur unter Analog-Enthusiasten sehr beliebt und gefragt zu sein scheint, sondern mit dem meine Eltern auch viele Fotos meiner frühkindlichen Wenigkeit geknipst haben: Die Olympus µ[mjuː]-1.

Ein paar dieser Bilder dürften findige Leser:innen dieses Blogs auch sicher von der hiesigen About-Seite kennen. Vor über 10 Jahren hatte ich mal wieder die Gelegenheit durch eine Auswahl meiner Kinderfotos zu blättern und in Erinnerungen zu schwelgen. Genau da ist auch diese spontane Collage entstanden.

Und dennoch hatte ich selbst dabei nie so wirklich einen Gedanken daran verschwendet, auch mal tiefer in die analoge Fotografie einzutauchen. Zu sehr habe ich die Vorzüge der modernen Möglichkeiten wertgeschätzt.

Aber irgendwo zwischen tausenden Bildern aus unzähligen Bursts und rappelvollen Lightroom-Katalogen, die monatelang darauf warten wenigstens nur mal gesichtet zu werden, wünscht man sich doch hin und wieder mal etwas Entschleunigung.

Und so kam es also, als ich vor ein paar Jahren einen Tweet mit Fotos von Olympus’ erfolgreichster analogen Fotokamera gesehen hab, dass ich doch ein wenig mehr Lust verspürte, selbst mal den ein oder anderen Film zu belichten. Denn selbst in meiner Kindheit bin ich nie so wirklich damit in Berühnung gekommen.

Auch ein Stück weit aus Respekt vor den monetären Konsequenzen eines schlecht geknipsten Bildes. Da will man lieber noch ein zweites Mal überlegen, ob man diesen Moment wirklich auf das Zelluloid beamen will.

Ich war schon fast davor mir eine gute Gebrauchte im Internet zu schießen. Aber ich wusste ebenso, dass meine Eltern weiterhin noch ihr Exemplar im Besitz haben. Nur leider war die laut ihnen schon lange defekt und es war fraglich, ob sie sich überhaupt reparieren ließe.

Das ganze Vorhaben war daher erstmal schnell ad acta gelegt, denn aufgrund der typischen Gebrauchtpreise für Vintage-Gedöns wollte ich zunächst einen Reparaturversuch unserer existierenden Kamera wagen, ehe ich mir eine „neue“ käuflich erwerbe. Aber so schnell wäre die Kamera eben auch nicht zu Hause aufzutreiben gewesen.

Also sollten noch ein paar weitere Jahre vergehen, bis ich mich wieder mit diesem Vorhaben beschäftigt habe.

Kaufen, bevor er es tut

Im Beisein von Natalie muss ich durchaus öfter von diesem „Projekt“ gesprochen haben. So oft, dass sie mir insgeheim schon im August eine mju-1 beschafft hat. Bei einer weiteren Runde meines analogen Schwärmens musste sie mich dann schon ziemlich ausbremsen, ehe ich wirklich noch selbst mein Schicksal (und mein Geld) in die Hand genommen hätte …

Daher kam sie nicht wirklich drum herum mir mein kommendes Geschenk für den 32. Geburtstag im Dezember zu spoilern: Eine Olympus mju-1 – ready to shoot mit frischer Batterie und bereits eingelegtem Kleinbildfilm.

Und so war ich nun nach so vielen Jahren endlich in der Lage, ein kleines Stück meiner Kindheit erneut aufleben zu lassen. Nur eben diesmal von der anderen Seite der Linse.

Der (fast) erste eigene Film

Auch wenn ich jetzt so richtig meine Füße im nassen Entwicklerbad der analogen Welt versenken kann, so ganz unbedarft gehe ich an das Thema auch nicht ran.

Nach der Olympus besaßen meine Eltern einen etwas „einfacheren“ Fotoapparat von Kodak, welcher noch mit einem manuellen Transport des Films daher kam. Also nach jedem „Klick“ folgte erstmal ein „ratschratsch“.

Der war offensichtlich so entbehrlich, dass sie mich später auch alleine damit losziehen lassen haben. Somit habe ich vor gut 20 Jahren zwei ganze Filme mit allerlei wildem Zeugs belichtet.

Betonung liegt hierbei aber auch nur auf „belichtet“, denn die beiden Filme habe ich leider nie zum Entwickeln gebracht. Prokrastination lässt grüßen! Je mehr das Haltbarkeitsdatum der Streifen überschritten war, desto mehr Sorge hatte ich um das tatsächliche Endergebnis. Somit liegen die beiden Spulen noch heute in einem Schrank meines ehemaligen Kinderzimmers in Mariendorf herum.

Nun, der Verlust von Fotos alter Apple PowerBooks aus einer ehemaligen GRAVIS-Filiale in der Berliner Franklinstraße sind sicher zu verschmerzen. Aber während der GIGA GAMES Roadshow und dem ein oder anderen Besuch im GIGA-Studio am Pariser Platz dürften auch die ein oder anderen Schnappschüsse entstanden sein, die man sicher gerne vor dem Vergessen bewahrt hätte.

Ich mein, abgelaufene Filme sind durchaus ein Trend – auch wenn ich nicht weiß, wie gut bereits belichtete Filme nach so vielen Jahren Nicht-Beachtung performen …

Ob ich mal einen Rettungsversuch wagen sollte?

Naja, vergessen wir erstmal was damals war und widmen wir uns dem Hier und Jetzt mit unserer neuen, alten Technologie.

Während der Feiertage bei Natalies Familie im hohen Norden habe ich jedenfalls munter den ganzen ersten Film vollgeknipst und direkt auch ein großes Fotoalbum bestellt, wo ich dann die ganzen entwickelten Abzüge einkleben kann.

Denn gleichzeitig hatte ich auch die schöne Idee, zukünftig bei jedem unserer Roadtrips und Reisen einen neuen Film mitzunehmen und diesen ganz traditionell mit gemeinsamen Erinnerungen zu befüllen.

Zwar haben wir nach jedem kleinen Kurzurlaub zahlreiche Momente auch immer in digitaler Form festgehalten – egal ob von unseren iPhones oder meiner Sony Alpha – aber so richtig schick und gemütlich lassen sich diese auch nicht gemeinsam durchstöbern.

Oder habt ihr euch schon mal mit einer ungefilterten Diashow vor den Fernseher gesetzt? Da hat das gute, alte analoge Fotoalbum noch immer einen immensen Vorteil.

Nur bei plötzlich auftretenden Wasserunwuchten sieht es sicherlich wieder anders aus …

Eine Tasche voller Überraschungen

Es klingt schon etwas absurd, dass der mittlerweile schon fast ausgestorbene Prozess einer analogen Filmentwicklung so aufregend und neu für jemanden wie mich sein kann.

Aber ja, ich musste in der Tat erst 32 Jahre alt werden, um das erste Mal mit einem Film am Fototresen eines Drogeriemarktes zu stehen und die höchst verwirrenden Formularvordrucke auf den Fototaschen zu studieren.

Etwas über 10 Tage nach meinem nervösen Einwurf und tagelangem auf-Refresh-Drücken in der Auftragsabfrage durfte ich dann endlich meine prall gefüllte Auftragstasche abholen. 34 Bilder sind es am Ende geworden, wobei die ersten beiden davon Fehlbelichtungen waren, als Natalie die Kamera bei sich zu Hause kurz getestet hat.

Witzigerweise dachten wir beim Verknipsen der Bilder die ganze Zeit, der Kamera lag ein Farbfilm bei. Nach dem Entnehmen hab ich dann festgestellt, dass wir gerade einen reinen Schwarzweiß-Film belichtet hatten. 😅

Aber genau das ist für mich auch der ganze Reiz an der analogen Fotografie: Der Überraschungsfaktor.

Bis du die entwickelten Negative oder die Abzüge in den Händen hältst, kannst du nur mutmaßen, ob die Bilder irgendwas geworden sind. Und selbst wenn die Minen verwaschen und hoffnungslos überbelichtet sind, fühlt man sich dennoch genau an diesen Zeitpunkt zurückkatapultiert und komplettiert die Erinnerungen in seinem Kopf.

Was man im Digitalen sofort weglöschen würde, ist hier nicht nur aufgrund der begrenzten Möglichkeiten und Kapazitäten kostbarer denn je. Schließlich sollen Fotos die eigenen Erinnerungen auch nicht ersetzen, sondern viel mehr befeuern.

Und das kann das unperfekte Bild manchmal sogar noch viel besser, vervollständigt es einfach die gesamte Situation und die Umstände, in denen es entstanden ist. Mögen sie auch noch so chaotisch gewesen sein.

Und manchmal vergisst man auch einfach, was man in der Zeit so alles fotografiert hat und muss sich erstmal wieder selbst die ganze Story hinter den Bildern zusammenpuzzeln. Und wenn sich in der Zwischenzeit jemand ganz anderes die Knipse geschnappt hat und ist auf Streifzug gegangen ist, wird es umso witziger.

Der Schwarzweiß-Film offenbarte aber auch noch einen weiteren, eher technisch gelagerten Faktor, der zu der ein oder anderen Überraschung bei der ersten Sichtung führen kann: Nämlich die angefertigten Abzüge selbst.

Zugegeben, beim ersten Anblick der Fotos war ich erst ein wenig enttäuscht, da das Ergebnis der Bilder viel zu kontrastreich ausgefallen ist. Details in Lichtern und Schatten waren fast wie ausgebrannt. Von der Kamera selbst war ich da ja viel besseres gewohnt.

Ich vermutete daher zunächst den mit der Kamera gelieferten Schwarzweiß-Film, aber als ich mich dann etwas tiefer mit dem Scannen von Filmnegativen auseinandergesetzt habe, wurde mir erst bewusst, was da noch alles an Qualität in den dünnen Zelluloidstreifen verborgen war und wie viel davon in den ganzen automatisierten Prozessen der Fließband-Fotolabore einfach hinten runter fällt …

Die Bilder des ersten Films, die ihr hier oben in der Galerie sehen könnt, sind von mir direkt angefertigte Scans der entwickelten Negative, die ich mit Negative Lab Pro noch ein wenig nachbearbeitet habe.

Selbst ohne diese Nachbearbeitungen, waren die ersten Scans um Welten besser und detailreicher als die direkten Abzüge aus dem Labor.

Hier mal eine Vergleichsansicht der fertigen Abzüge (links) und der eigenen Scans (rechts):

Oh mein Gott, das Sofapolster hat ja sogar Struktur!
Ach, das da hinten ist eine Wanduhr und kein schwarzes Loch …?

Natürlich muss man die Entwicklungen und auch die Scans der Ottonormal-Drogerie-Fotolabore auch sehr mit Vorsicht genießen. Aber mein Verdacht, dass auf die Bilder eine sehr wilde, automatische „Bildverbesserung“ geklatscht wird, sollte sich ein paar Filme später noch mehr bestätigen …

Aber das hebe ich mir mal für einen weiteren Beitrag auf, denn wenn man einmal im Analog-Rabbithole drin ist, kommt man nicht so schnell wieder raus ohne die ein oder andere spannende Entdeckung gemacht zu haben.

Freut euch daher demnächst(™) auf einen kleinen Test verschiedener Fotolabore für den schmalen Geldbeutel und einen Einblick in meinen mittlerweile sehr ausgeklügelten Prozess zum Digitalisieren der Negative (der wiederum nichts für den schmalen Geldbeutel ist).


Habt Ihr noch eine analoge Kamera herumliegen, die mal wieder entstaubt werden könnte? Oder kennt ihr DEN ultimativen Film, den ich mal unbedingt auf meiner nächsten Reise ausprobieren sollte? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!


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